Tag 97 von 100 - 27.10.2020

Weltmeisterschaft 1958 - Viertelfinale: Deutschland - Jugoslawien 1:0

19. Juni 1958, Malmö (Malmö-Stadion), 20.055 Zuschauer

 

Fotos: Eric Lindon, RPZ vom 20.06.1958
Fotos: Eric Lindon, RPZ vom 20.06.1958

Bei der WM in Schweden 1958 hatte sich Deutschland in der Vorrunde durch einen 3:1 Sieg gegen Argentinien und durch zwei Unentschieden gegen die Tschechoslowakei und Nordirland (jeweils 2:2) den Gruppensieg gesichert und war so in die Finalrunde eingezogen. Durchaus eine Bestätigung dafür, dass man vier Jahre zuvor eben doch nicht nur "Zufalls-Weltmeister" war, wie manches Presseorgan kolportiert hatte. Im WM-Viertelfinale in Malmö hieß der Gegner Jugoslawien. Eine Wiederholung der Viertelfinalpaarung von 1954, die gleichzeitig Fritz Walters 60. Länderspiel werden sollte. Die Stimmung im deutschen Lager war ausgezeichnet, die Physis der Akteure trotz einiger vorausgegangener Blessuren hervorragend. "Wir haben Respekt vor den Jugoslawen, aber keine Angst", zeigte sich auch Bundestrainer Sepp Herberger vor der Begegnung berechtigterweise optimistisch.

 

Die DFB-Elf trat von Anfang an mannschaftlich geschlossen auf und ging durch Helmut Rahn bereits nach 12 Minuten in Führung. Mit einem Tor aus einer unmöglichen Position! Die Jugoslawen indessen spielten nicht so stark wie man sie vielleicht erwartet hätte. Die Deutschen hatten bis zur Pause jedenfalls mehr Chancen als der Gegner. Mit der knappen Führung ging es in die Kabine. Natürlich bemühten sich die Jugoslawen nach dem Wechsel um den Ausgleich, aber die deutschen Abwehr agierte an diesem Tag so kaltschnäuzig und selbstbewusst, dass man das Gefühl haben musste, hier könne gar nichts mehr anbrennen. In den letzten 20 Minuten wurden die deutschen Bemühungen nach vorne etwas nachlässiger und fehlerhafter. Es war vor allem der Ruhe Fritz Walters zu verdankten, der mit seiner ganzen Routine auch seine Mitspieler mitnahm. In der 62. Minute hatte er nach Vorarbeit selbst das zweite Tor auf dem Fuß, agierte in aussichtsreicher Position aber zu zögerlich und verlor so den Ball. Helmut Rahn zimmerte in der 88. Minute einen Schuss derart satt an den jugoslawischen Pfosten, dass das Leder gut 20 Meter weit zurück ins Feld flog. Kurz darauf war Schluss, Deutschland stand zum zweiten Mal in Folge in einem WM-Halbfinale!

 

Während schon nach dem Finalrunden-Einzug in der Heimat Euphorie ausgebrochen war, knüppelte die schwedische Presse auf die Deutschen ein. Anlass, das unflätige Benehmen einiger weniger Schlachtenbummler, die mit Alkoholexzessen und Prügeleien dem deutschen Ansehen schwer schadeten. Solches Fehlverhalten jedoch auf die Spielweise der Akteure im DFB-Dress zu projizieren und mit Begriffen wie "Panzer" und "Knochenbrecher" aufzuwarten war journalistisch unterste Boulevard-Schublade. Aber diese giftige Gazetten-Atmosphäre sollte Fritz Walter und seine Kameraden auch mit ins Halbfinale begleiten. Grade weil es hier nun gegen den Gastgeber Schweden ging.

 

mg

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