Foto: FCK-Fanclub Fairplay e.V.
Foto: FCK-Fanclub Fairplay e.V.

Der Mann mit den Plüschteufeln aus der Fan-Halle Nord

Das frühere FCK-Original "Betze-Hermann" Thun würde heute 100 Jahre alt

14.08.2020

 

Nicht immer richtet sich bei besonderen Personen-Jubiläen unser Blick nur auf Akteure, die einst das Trikot des FCK auf dem grünen Rasen trugen oder auf Menschen, die beim FCK Verantwortung als Funktionär übernommen oder sich sonst wie um den Verein verdient gemacht haben. Zuweilen blicken wir auch in die Kurve oder auf die Tribünen, wenn es darum geht aus dem einen oder anderen Anlass Glückwünsche auszusprechen oder an bereits verstorbene besondere Menschen zu erinnern. Heute ist mal wieder so ein Tag, denn heute würde Hermann Thun, den zahlreiche FCK-Fans eher unter dem Synonym "Betze-Hermann" kannten, 100 Jahre alt werden.

 

Hermann Thun wurde genau heute vor 100 Jahren, am 14. August 1920 geboren. Er ist damit nur knapp zweieinhalb Monate älter als Fritz Walter, der später sein großes Idol werden sollte. Wo genau Hermann Thun das Licht der Welt erblickte, war im Zuge unserer Recherchen nicht exakt zu ermitteln. Nach Auskunft eines unserer Interviewpartner aber vermutlich in Schlesien.  Der Sohn einer Schaustellerfamilie war später selbst im Schausteller-Gewerbe tätig. Mit einem Los-Stand, einem Kettenkarussell, einer Schießbude und einem Spielwarenstand bereiste er ganz Deutschland und zwar "vom Friedrichshafener Seehafenfest bis hin zum Hamburger Dom", wie er immer stolz anmerkte.

 

Hermann Thun hat trotz seiner vielen Schausteller-Reisen sein Herz an den FCK verloren. Nicht zuletzt durch Fritz Walter. Dennoch war es ihm wegen seiner beruflichen Situation eher weniger vergönnt an einem Wochenende mal im Stadion sein zu können. Nach dem Tod seiner Eltern musste er 1970 das gesamte Schausteller-Equipment verkaufen. Was ihm blieb, war einerseits die reiche Lebenserfahrung, dafür aber umso weniger materielles Gut, denn seine Rente war eher kärglich. Da nutzt es nichts zwar mehr Zeit für den Fußball zu haben, sich aber andererseits womöglich die Eintrittskarte fürs Stadion nicht leisten zu können. Eine schwere Hüftoperation in Friedrichshafen im Jahr 1973 bedeutete für den lebensfrohen Mann einen weiteren Rückschlag.

 

Wobei der "Betze-Hermann" aus seiner Genesungszeit auch eine blumige Anekdote zu berichten wusste. Als im Oktober 1973 nämlich das Heimspiel gegen die Bayern anstand, büxte er am Vorabend aus der Klinik am Bodensee aus und übernachtete in einem Park in Donaueschingen. Bereits rechtzeitig hatte er sich mit Proviant aus der Krankenhausverpflegung eingedeckt und so konnte er am Spieltag die Weiterreise nach Kaiserslautern gut gestärkt angehen, um dort Augenzeuge eines der legendärsten Spiele zu werden, die heute die FCK-Geschichte zieren - dem 7:4 Sieg gegen Bayern München. Ein großer und emotionaler Moment war für den "Betze-Hermann" auch das Saisonfinale im Juni 1991, als der FCK im Köln-Müngersdorfer Stadion mit fast 40.000 eigenen Fans im Rücken zum dritten Mal deutscher Fußballmeister wurde.

 

Trotz zahlreicher Lebens-Enttäuschungen verlor Hermann Thun nie seine Heiterkeit und Zuversicht. Charaktereigenschaften, die auch Hannes Bongartz heraushob, mit dem er befreundet war. "Hermann war ein lebensfroher Mensch, der sich durch nix unterkriegen ließ!" Die Freundschaft zum langjährigen FCK-Profi und ehemaligen FCK-Trainer kam eher zufällig zustande: "Hannes lernte ich in der Stadiongaststätte kennen", erinnerte sich der "Betze-Hermann" auch später immer wieder lebhaft an sein Verhältnis zum legendären "Spargel-Tarzan". Ähnlich auch seine Verbindung zum Ex-FCK-Präsidenten Norbert Thines, zu dem er schon Jahre zuvor ein herzliches Verhältnis unterhielt, seit dieser ihm "zum Kauf einer Bratwurst 30 Pfennige" beigesteuert hatte.

Die Grabstelle von Hermann Thun auf dem Lauterer Hauptfriedhof (Foto: FCK-Fanclub Fairplay e.V.)
Die Grabstelle von Hermann Thun auf dem Lauterer Hauptfriedhof (Foto: FCK-Fanclub Fairplay e.V.)

Prägende Begegnungen, die später nachwirkten. Um seine schmale Rente aufstocken zu können, steckte ihm Norbert Thines immer wieder mal Kleinigkeiten zu, die der findige Rentner zu Geld machte. Im Gegenzug war er stets für Norbert da, wenn es darum ging kleine Botengänge oder Erledigungen zu übernehmen. Irgendwann bekam der Hermann dann die Erlaubnis am Eingang zur Halle Nord an Heimspieltagen einen kleinen Verkaufsstand zu unterhalten. Mit dem Verkauf von kleinen Plüsch-Teufeln und FCK-Mützen konnte er so seine Sozialhilfe-Bezüge etwas aufbessern. Genau so ist er zahlreichen FCK-Fans bis heute noch in Erinnerung.

 

Als Hermann Thun am 10. November 2002 nach langer Krankheit verstarb - wenige Monate nach seinem Idol Fritz Walter - hinterließ er keinerlei Angehörige. Vor allem dem Engagement von Norbert Thines sowie dem FCK-Fanclub Fairplay um Erich und Helga Huber war es zu verdanken, dass Hermann Thun überhaupt einigermaßen würdevoll bestattet werden konnte. Sie initiierten einen Spendenaufruf dem unzählige FCK-Fans folgten. Mit dem einsammelten Geld konnte ein Teil der Bestattungskosten gedeckt werden. Sogar ein bescheidener Grabstein, den ein Steinmetz zum Selbstkostenpreis beisteuerte, ziert bis heute die Grabstelle. Bis heute kümmern sich Mitglieder des FCK-Fanclubs Fairplay sowie des Fördervereins des FCK-Museums regelmäßig darum, das Grab von Hermann Thun nach besten Kräften zu pflegen. Wir erinnern heute an dieses FCK-Original und werden ihm auch im FCK-Museum ein ehrendes Andenken wahren.

 

mg

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