Saison 1990/91 (Foto: Archiv Thomas Butz)
Saison 1990/91 (Foto: Archiv Thomas Butz)

Zwei unvergessene Tore zum Meistertitel

Zum 50. Geburtstag von Marco Haber

21.09.2021

 

Jeder der im juni 1991 am letzten Spieltag der Saison 1990/91 im Müngersdorfer Stadion dabei war, wird sich an den Moment erinnern, als sich die ganze Spannung der zurückliegenden Wochen und für viele der ganzen Spielzeit, in einem orgiastischen Jubelschrei entlud. Jene 5. Spielminute, als ein gewisser Marco Haber bei einem indirekten Freistoß an der Strafraumkante nach kurzem Zuspiel beherzt abzog und das Leder unhaltbar für Effzeh-Keeper Bodo Illgner in die Maschen drosch. Der FCK führte mit 1:0 und setzte damit früh ein Zeichen, dass man nicht gewillt sein würde, im seit Monaten anhaltenden Fernduell mit den Münchner Bayern ausgerechnet am letzten Spieltag den Kürzeren ziehen zu wollen. Am Ende stand ein ungefährdeter und fulminanter 6:2-Sieg des FCK auf der Anzeigetafel, zu dem Marco Haber in der 77. Minute mit seinem Tor zum 5:2 sogar einen zweiten Treffer beigesteuert hatte. Der FCK war zum dritten Mal Deutscher Meister. Der damals 19-jährige Marco Haber galt zu jenem Zeitpunkt als eines der größten Talente im deutschen Fußball. Am 21. September 2021 wird Marco Haber 50 Jahre alt.

 

Marco Haber kam in Grünstadt zur Welt. Er spielte in seiner Jugendzeit beim nahegelegenen TV Kindenheim und später beim VfR Frankenthal. Der Sprung in höhere Sphären kam 1985. Auf eine Art und Weise, wie sie heute nur noch eher selten vorkommt. Marco Haber kickte seinerzeit auch in der Schülermannschaft seiner Schule. Einer seiner Mitspieler und Schulkameraden trug zu diesem Zeitpunkt bereits das Trikot der Roten Teufel. Dessen Vater machte die FCK-Nachwuchsspäher auf den jungen talentierten Kicker aufmerksam. Es kam zu einem Treffen und letztendlich wechselte Marco Haber im Alter von 13 Jahren zur FCK-Jugend. Er durchlief danach alle weiteren Jugend- und Juniorenmannschaften und schaffte als A-Jugendkicker den Sprung zu den Profis. Sein Debüt in der Bundesligamannschaft des FCK absolvierte er unter Trainer Gerd Roggensack am 14. Oktober 1989 bei der Auswärtspartie gegen Bayer 04 Leverkusen, in der er 90 Minuten auf dem Feld stand. Doch nach zunächst drei aufeinanderfolgenden Einsätzen kam Marco Haber 10 Monate lang überhaupt nicht mehr zum Zug. Das sollte sich erst unter Trainer Karl-Heinz Feldkamp wieder ändern, unter dem er schnell zum Stammspieler avancierte. Mit erst 19 Jahren!

Saison 1994/95 (Foto: Archiv Thomas Butz)
Saison 1994/95 (Foto: Archiv Thomas Butz)

Neben seinem eingeschlagenen Weg zum Profifußballer legte Marco Haber mit einer Ausbildung zum Bürokaufmann das Fundament für ein mögliches zweites Standbein. Die Abschlussprüfung absolvierte er übrigens in jener Woche vor dem legendären Saisonfinale in Köln und dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Für den erst 19-jährigen Jungprofi also doppelter Grund zum Feiern. Doch wie nah Freud und Leid beieinander liegen können, musste der junge Marco Haber schon wenige Monate nach dem Titelgewinn erfahren. Im Europapokal der Landesmeister kam es zu einem Aufeinandertreffen mit dem großen FC Barcelona. Beim Rückspiel auf dem Betzenberg, schied der FCK nach grandioser Leistung und einer 3:0-Führung in letzter Sekunde durch einen Treffer der Katalanen noch aus dem Wettbewerb aus. Auf die Frage, was er damals gefühlt habe, attestierte Marco Haber in einem späteren Interview: „Nichts!!! Total leer! Geschockt und ungläubig, wie alle Zuschauer auf den Rängen. Wir haben Barca total beherrscht und hätten auch 4:0 oder 5:0 führen müssen.“ Bis heute wertet er diese Erfahrung als eine der größten Enttäuschungen seiner Karriere.

 

Nach der Meistersaison 1990/91 gehörte Marco Haber zwar beständig zum Profikader, konnte in den Folgejahren den hohen Erwartungen an seine fußballerische Entwicklung jedoch nicht mehr gerecht werden. Im Sommer 1995 verließ der smarte und speziell bei den weiblichen Fans beliebte Kicker den FCK und wechselte zum Ligakonkurrenten VfB Stuttgart. Bis dahin hatte er für den FCK 168 Pflichtspiele absolviert, 140 davon in der Bundesliga. Hinzu kamen noch vier Einsätze für die FCK-Amateure in der Oberliga Südwest. 15 Tore konnte Marco Haber während seiner Zeit am Betzenberg für den FCK markieren, 10 davon in der Bundesliga. Seine beiden wichtigsten werden sicher die bereits zitierten Treffer am 15. Juni 1991 in Köln gewesen sein.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Auch Marco Habers Zeit in der baden-württembergischen Landeshauptstadt hinterließ in seiner Vita markante Spuren. Mit dem VfB Stuttgart, für den er zwischen 1995 und 1998 auflief, wurde er 1997 DFB-Pokalsieger. Mit 2:0 besiegten die Schwaben den Underdog Energie Cottbus im Berliner Olympiastadion. Im darauffolgenden Jahr scheiterte der VfB im nationalen Cup-Wettbewerb erst im Halbfinale gegen den FC Bayern München. In 96 Spielen trug Marco Haber das Trikot des VfB Stuttgart, 77 davon in der Bundesliga, wo er auch drei Treffer markieren konnte. Kurz nach seinem Wechsel zum VfB Stuttgart, debütierte Marco Haber im August 1995 zudem unter Berti Vogts in der Nationalmannschaft. Seinem Einsatz gegen Belgien folgte im Dezember des gleichen Jahres ein zweites Länderspiel gegen Südafrika. Nach drei Jahren beim VfB wechselte er auf die Kanaren zu UD Las Palmas, bevor er sich ein Jahr später Bundesligaaufsteiger SpVgg Unterhaching anschloss und noch einmal zwei Jahre Stammspieler war. Nach dem Abstieg 2001 versuchte er sein Glück bei Hansa Rostock, konnte sich dort aber nicht durchsetzen.

 

Danach spielte Marco Haber in der ersten Liga Zyperns, zunächst bei Omonia Nikosia, von 2004 bis 2006 bei Anorthosis Famagusta und von 2006 bis 2007 bei Nea Salamis Famagusta. Mit Nikosia wurde er 2003 Meister und gewann den zypriotischen Supercup, mit Anorthosis Famagusta holte er 2005 den Meistertitel. Zur Saison 2007/08 wechselte er zurück nach Deutschland und heuerte beim FSV Oggersheim an, der zuvor in die damals drittklassige Regionalliga Süd aufgestiegen war. Dort beendete er auch seine Karriere als Spieler, bekleidete im Anschluss jedoch nahtlos die Funktion des sportlichen Leiters beim Ludwigshafener Stadtteilclub. Von dort folgte im Juni 2009 der Wechsel zurück zum Betzenberg. Nicht als Kicker oder Trainer, sondern als Teammanager der Profimannschaft des 1. FC Kaiserslautern. Später war er im Nachwuchsleistungszentrum des FCK als Koordinator tätig. Nach Ablauf seines Vertrages verließ er den Verein im Sommer 2017. Seit August 2020 arbeitet Marco Haber nun beim TSV 1860 München im dortigen Nachwuchsleistungszentrum „Bayrische Löwen“ als Leiter der Talentsichtung und Kaderplanung.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Seit 2010 engagiert sich Marco Haber übrigens auch bei „Show Racism the Red Card - Deutschland e. V.“. Nicht ohne eine eigene Geschichte zu diesem unsäglichen Thema aus der Tasche ziehen zu können, da er während seiner Zeit als Profi eines zypriotischen Vereins, selbst Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung erleben musste. Allemal lobenswert, wenn ehemalige Profis nicht nur ihr fußballerisches Fachwissen an jüngere Generationen vermitteln, sondern auch über die gesellschaftlichen Lebenswirklichkeiten rund um den Fußball berichten können.

 

Auch das Museumsteam gratuliert Dir, lieber Marco, zu Deinem 50. Geburtstag ganz herzlich und wünscht Dir weiter viel Spaß und Erfolg bei den Münchner Löwen.

 

mg

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