Frank Hartmann beim Auswärtsspiel in Frankfurt (Foto: 1. FC Kaiserslautern)
Frank Hartmann beim Auswärtsspiel in Frankfurt (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Fünf Tore und ein lupenreiner Hattrick

Frank Hartmann ist einer von 17 Spielern, die fünf Tore in einem Bundesligaspiel erzielten

01.11.2021

 

Im Ringen um Titel und Erfolge erlangte schon so manche Partie des 1. FC Kaiserslautern Legendenstatus. Zu einem dieser besonderen Spiele geriet am 12. Spieltag der Saison 1986/87 das Heimspiel gegen den FC Schalke 04. An jenem 1. November des Jahres 1986 fegten die Roten Teufel den Gast aus dem Ruhrpott mit 5:1 aus dem Stadion. Das Ergebnis für sich alleine ist nicht einmal so sehr der Grund dafür, warum gerade diese Partie einen besonderen Status in den FCK-Annalen einnimmt. Vielmehr ist es der Umstand, dass es mit Frank Hartmann nur ein einziger Spieler war, der an jenem nasskalten 1. November alle fünf Tore für den FCK erzielte und die Schalker Knappen damit quasi im Alleingang demontierte.

 

Die Spielzeit 1986/87 sollte für den FCK insgesamt eine durchaus erfolgreiche Saison werden. Die Roten Teufel erreichten am Ende immerhin den siebten Tabellenplatz. Wider Erwarten, denn dieser einstellige Tabellenplatz war nicht unbedingt das, was Experten vor der Saison prognostiziert und was die Verantwortlichen des FCK erwartet hatten. Immerhin musste Hannes Bongartz, der ein Jahr zuvor Manfred Krafft im Amt als Cheftrainer beerbt hatte, den Weggang einiger Leistungsjäger früherer Jahre kompensieren. Mit Andreas Brehme, Werner Melzer, Gerhard Bold, Norbert Eilenfeldt, Thomas Allofs oder Reiner Geye hatten die Roten Teufel in der Tat namhafte Abgänge zu verzeichnen. Mit Ausnahme von Jürgen „Joschi“ Groh, der zu Saisonbeginn vom Hamburger SV als gestandener Bundesligaspieler zurück auf den Betzenberg kam, zierten sonst wenig namhafte Neuverpflichtungen den FCK-Kader. Kay Friedmann, Sergio Allievi oder Harald Kohr kamen alle von eher unterklassigen Vereinen, Frank Lelle und Gunther Metz von den Amateuren respektive aus der eigenen Jugend. Dazu eben jener Frank Hartmann, der zu Saisonbeginn vom Ligarivalen FC Schalke 04 den Weg zum Betzenberg gefunden hatte. Für eine Ablösesumme von 1 Million D-Mark.

Saison 1986/87 (Foto: Archiv Thomas Butz)
Saison 1986/87 (Foto: Archiv Thomas Butz)

Zunächst starte der FCK recht vielversprechend in die Spielzeit. Am ersten Spieltag gelang ein 4:1-Auswärtserfolg bei Blau-Weiß 90 Berlin. Vor heimischem Publikum folgte ein eher enttäuschendes 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach. Einer knappen Niederlage gegen den SV Werder Bremen im Weserstadion schloss sich ein souveräner 4:1-Heimerfolg gegen den VfL Bochum vor heimischer Kulisse an. In den folgenden beiden Spielen kam es gegen die Eintracht in Frankfurt (2:2) und zuhause gegen die Bayern (1:1) jeweils zu einer Punkteteilung, ehe auch das Auswärtsspiel in Leverkusen knapp verloren ging. Es folgte ein begeisternder Heimsieg gegen den SV Waldhof Mannheim. Der Kurpfalz-Rivale führte nach 51 Minuten schon mit 2:1, ehe Dieter Trunk (56.) und Sergio Allievi (89.) die Partie zugunsten der Roten Teufel noch drehen konnten. Die Auswärtsaufgaben in Homburg und in Stuttgart löste der FCK jeweils mit einem 1:1-Unentschieden, das dazwischenliegende Heimspiel gegen Bayer 05 Uerdingen wurde knapp mit 1:0 gewonnen. Nach dem elften Spieltag rangierte der FCK mit 13:9 Punkten auf Tabellenplatz 6.

 

Eine durchaus respektable Platzierung, hatte der FCK bis dahin doch mit einer vor allem attraktiven Spielweise die Zuschauer begeistert. Besonders Mittelfeldregisseur Wolfram Wuttke wirbelte und zauberte in fast jeder Partie und wurde zur überragenden Spielerpersönlichkeit der Saison. Einer jedoch hatte die Erwartungen der Fans bis dahin keineswegs erfüllt. Frank Hartmann, der teure Neueinkauf aus Schalke hatte bis dato nur einmal getroffen. Beim Auswärtsspiel in Frankfurt hatte er die Roten Teufel in der 14. Minute mit seinem ersten Saisontor für den FCK in Führung gebracht. Bis dahin also keine besonders renditeträchtige Quote. Ein Befund, den die Mehrzahl der Fans teilte und so mancher stempelte die Neuverpflichtung gar schon zum Fehleinkauf ab. Die richtige Antwort sollte Frank Hartmann am 12. Spieltag gegen den FC Schalke 04 liefern. Trainer Hannes Bongartz postierte den quirligen Mittelfeldmann erstmals hinter den Spitzen. Für eine besondere Motivation dürfte auch die Fanszene der Königsblauen selbst gesorgt haben, die den „abtrünnigen“ ehemaligen Schalker Akteur per Spruchband zum „Verräter“ abgestempelt hatte.

Saison 1989/90 (Foto: Archiv Thomas Butz)
Saison 1989/90 (Foto: Archiv Thomas Butz)

Der FCK gestaltete das Heimspiel gegen den Rivalen aus dem Pott wie gewohnt aggressiv und versuchte mit druckvollem Spiel die Gäste früh in die Defensive zu verweisen. Dennoch dauerte es bis zur 19. Minute, ehe die Zuschauer erstmals jubeln durften. Nach einer Flanke aus dem zentralen Mittelfeld landete das Leder nach einer zu kurzen Kopfballabwehr der Schalker auf Höhe des Elfmeterpunkts vor den Füßen von Frank Hartmann, der entschlossen abzog und die Kugel zur Lauterer Führung in die Maschen drosch. Nur drei Minuten später kam eine von der linken Seite getretene Ecke auf den kurzen Pfosten, wurde per Kopf auf den langen Pfosten verlängert und nach einem erneuten Kopfball auf die Torlinie stand erneut Frank Hartmann goldrichtig und bugsierte das Leder aus kürzester Distanz zum 2:0 für den FCK über die Linie. Doch die Schalker versuchten sich zu wehren und so führte in der 27. Minute ein kluger Steilpass in den Lauf von Jürgen Wegmann, der allein aufs Lauterer Tor zulief und beherzt abzog zum Anschlusstreffer der Gäste. Ein durchaus sehenswertes Tor. Beim Stand von 2:1 ging es in die Kabine. Aber auch nach dem Wechsel ließen die Lauterer nicht locker.

 

Nur acht Minuten nach dem Wiederanpfiff rollte ein Angriff der Lauterer über die linke Seite. Sergio Allievi zog mit dem Leder am Fuß nach innen, tankte sich nach Doppelpass mit Harald Kohr an der Strafraumgrenze in den Schalker Sechzehner und zog beherzt ab. Torwart Pavel Macak warf sich in den Schuss, die Kugel sprang von Dieter Trunk genau vor die Füße von Frank Hartmann, der unbedrängt zum 3:1 einschießen konnte. Aber auch damit nicht genug. In der 73. Minute servierte Wolfram Wuttke nach einer kurzen Ecke eine butterweiche Flanke vors Schalker Tor und fand dort als Abnehmer Frank Hartmann, der sich gegen gleich zwei Schalker durchsetzen konnte und mit einem wuchtigen Kopfstoß auf 4:1 erhöhte. Sehenswert auch der fünfte Lauterer Treffer. In der letzten Spielminute nahm Sergio Allievi auf Zuspiel das Leder am Mittelkreis auf, dribbelte sich in seiner ihm eigenen filigranen Art vorbei an drei Schalkern in den Strafraum der Gäste und spitzelte das Leder auf den mitgelaufenen Frank Hartmann, der den Ball über den heraus eilenden Schalker Keeper lupfte und zum 5:1 für den FCK im Netz versenkte. Ein lupenreiner Hattrick des Lauterers im zweiten Durchgang.

Saison 1986/87 (Foto: 1. FC Kaiserslautern)
Saison 1986/87 (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Bis zum Ende der Saison erzielte Frank Hartmann übrigens noch elf weitere Tore für seinen FCK und avancierte mit 17 Treffern somit zum besten Saison-Torschützen der Roten Teufel. Immerhin vier Jahre lang trug er das Trikot des Pfälzer Traditionsclubs, kam in 99 Bundesligabegegnungen und in neun DFB-Pokalspielen zum Einsatz und erzielte dabei insgesamt 31 Tore.

 

Seit Gründung der Bundesliga gab es bis heute übrigens insgesamt 17 Spieler, die für ihr Team in einer Partie fünf Tore erzielen konnten. Den Reigen eröffnete der Kölner Karl-Heinz Thielen, der am 7. Dezember 1963 im Heimspiel seines 1. FC Köln alle fünf Kölner Tore markierte. Gegner seinerzeit im Müngersdorfer Stadion war der 1. FC Kaiserslautern, der am Ende mit 1:5 unterlag. Unumstrittener Rekordhalter des Prädikats „5-Tore pro Spiel“ ist übrigens der kürzlich verstorbene Gerd Müller. Der Bomber der Nation erzielte zwischen der Spielzeit 1971/72 und der Saison 1976/77 in insgesamt vier Partien jeweils fünf Tore für seine Münchner Bayern. Einmal leider auch gegen den 1. FC Kaiserslautern, als die Roten Teufel am 5. Mai 1973 mit 0:6 im Münchner Olympiastadion unter die Räder kamen. Das Kunststück fünf Tore in einem Bundesligaspiel zu erzielen gelang nach dem Fünferpack von Frank Hartmann seit 1986 nur noch drei weiteren Akteuren. Am 27. August 1991 traf die Duisburger Legende Michael Tönnies beim 6:2 seiner Zebras vor heimischer Kulisse gegen den Karlsruher SC. Robert Lewandowski erzielte beim 5:1-Heimsieg seiner Münchner Bayern gegen den VfL Wolfsburg am 22. September 2015 alle fünf Bayern-Tore und der Frankfurter Luka Jovic traf am 19. Oktober 2018 beim 7:1 seiner Eintracht gegen Fortuna Düsseldorf fünf Mal ins gegnerische Tor.

 

mg

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