Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Der „Schwedenblitz“ auf dem Betzenberg

Zum 75. Geburtstag von Roland Sandberg

16.12.2021

 

Zu Beginn der Saison 1973/74 schauten viele FCK-Anhänger wegen zahlreicher Veränderungen auf dem Betzenberg mit gemischten Gefühlen der Zukunft entgegen. Mit dem Mittelfeldstrategen Jürgen „Atze“ Friedrich sowie den Stürmern Wolfgang Seel und Idriz Hosic waren gleich drei bewährte Kräfte aus der Mannschaft des FCK ausgeschieden – und überdies gab es nach der Trennung von Dietrich Weise mit Erich Ribbeck einen neuen Cheftrainer.

 

Gemildert wurde die Unsicherheit der FCK-Fans in jenen Tagen durch die Nachricht, dass Präsident Willi Müller und dem neuen Trainer Ribbeck die Verpflichtung eines Stürmers der schwedischen Nationalmannschaft gelungen war: Roland Sandberg wechselte von Atvidabergs FF mit der Empfehlung in die Pfalz, zweifacher Torschützenkönig und mit seiner Mannschaft schwedischer Meister und Pokalsieger zu sein. Und in der Tat, der am 16. Dezember 1946 im südschwedischen Karlskrona geborene und beim Zweitligisten Kalmar bekannt gewordene Roland Sandberg sollte sich als eine der glücklichsten Verpflichtungen in der Lauterer Bundesligageschichte erweisen.

 

Selten konnte ein Spieler, der nur vier Jahre lang das Trikot der Roten Teufel getragen hat, derart positive Eindrücke auf dem Betzenberg hinterlassen. Roland Sandberg erzielte in seinen 118 Bundesligabegegnungen für den 1. FC Kaiserslautern die stattliche Zahl von 60 Toren. Der zumeist auf Linksaußen eingesetzte Stürmer bestach durch seinen schnellen, energischen Antritt, seine Ballbehauptung und Zweikampfstärke sowie seinen präzisen, kernigen Schuss. Eilte Roland Sandberg in vollem Lauf auf das gegnerische Tor zu, war er mit fairen Mitteln kaum mehr zu bremsen; oft genug schickten ihn seine Kontrahenten rüde zu Boden. Es zeichnete den untadeligen Sportsmann Roland Sandberg aus, dass er nach einem an ihm begangenen Foul nie lange lamentierte, sich nicht auf dem Boden wälzte oder beim Schiedsrichter eine gelbe oder rote Karte für seinen Gegenspieler forderte. Sandberg trat kräftig auf den Boden, schüttelte sich – und spielte weiter.

Trainingsbeginn 1973 (Foto: Archiv Eric Lindon)
Trainingsbeginn 1973 (Foto: Archiv Eric Lindon)

Seine brigantenhafte Angriffslust, seine schneidigen Attacken in den gegnerischen Strafraum und seine Torerfolge ließen ihn bald zu einem Liebling der Lautrer Fans werden. Oft ging Roland Sandberg mit zwei Torerfolgen vom Platz, zwei Mal gelang ihm sogar ein Hattrick für den FCK. Der Spieler mit dem markanten Profil und der wehenden blonden Mähne erhielt die zutreffenden Spitznamen „Schwedenpfeil“ und „Rasender Roland“.

 

Mit der schwedischen Nationalmannschaft bestritt Sandberg 37 Länderspiele. Bei der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland war er in sechs Begegnungen für Schweden im Einsatz, darunter auch bei der 2:4-Niederlage gegen das deutsche Team, den späteren Weltmeister. In diesem hervorragenden Spiel gelang ihm der zwischenzeitliche Ausgleich zum 2:2. Mit seinem Auftritt in Düsseldorf machte Roland Sandberg nicht nur seinem Heimatland, sondern auch seinem Verein, dem FCK, alle Ehre. Im Tor der Schweden stand damals ein Weltklassemann, der wenige Wochen später das FCK-Tor hüten sollte: Ronnie Hellström. Roland Sandberg lieferte seinem Nationalmannschaftskameraden damals gute Argumente für einen Wechsel von Schweden in die Pfalz.

 

Von Roland Sandbergs Einsatzfreude und seinen Flanken profitierte damals insbesondere Klaus Toppmöller, der in diesen Jahren zu einem Mittelstürmer der Sonderklasse aufblühte und bis heute der erfolgreichste FCK-Torschütze in der Bundesliga ist. Seinen ersten ganz großen Erfolg erlebte Sandberg am 20. Oktober 1973 auf dem Betzenberg, als der große FC Bayern mit seinem Starensemble um Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Sepp Maier und Gerd Müller nach einem 0:3-Rückstand mit 7:4 bezwungen werden konnte. Roland Sandberg mit Rückennummer 9 gehörte an diesem Nachmittag nicht zu den FCK-Torschützen, mit seinen Vorstößen durch die Mitte oder über links sorgte er aber – ähnlich wie sein Pendant auf der rechten Seite, Seppl Pirrung – immer wieder für Verwirrung in der Bayern-Abwehr, die den sensationellen FCK-Erfolg möglich machte.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Ein Titel war Roland Sandberg mit dem 1. FC Kaiserslautern leider nicht vergönnt. Im Mai 1976 hatten die Roten Teufel zwar das Pokalendspiel gegen den Hamburger SV erreicht, doch in der Hitzeschlacht im Frankfurter Waldstadion musste sich der FCK ohne seinen Mittelstürmer Toppmöller und mit einem wegen Knieproblemen nicht voll belastbaren Sandberg mit 0:2 geschlagen geben. Die nachfolgende Saison 1976/77 wurde für den Schwedenpfeil eine wahre Leidenszeit. Zwei Knie- und eine Blinddarmoperation musste Sandberg über sich ergehen lassen – und starke Verschleißerscheinungen im Knie führten zu einem Ende seiner Bundesligakarriere. Sandberg wirkte anschließend noch einige Zeit im Jugendbereich des FCK, ehe er nach Schweden zurückkehrte und in Kalmar noch zwei Jahre lang aktiv war.

 

Nach Trainerstationen in Malmö und Aldval (Norwegen) nahm Roland Sandberg 1989 Abschied vom Fußball und widmete sich mit Erfolg seinem Beruf als Erzieher.

 

Gemeinsam mit seinem Freund und Mannschaftskameraden Ronnie Hellström bewohnte Sandberg bis zu seinem Abschied ein Haus in Morlautern, das alsbald als „Schwedenhaus“ bekannt wurde. In den nachfolgenden Jahren besuchten die beiden großartigen Fußballer immer einmal wieder die Pfalz, den Betzenberg und fanden sich dabei auch im Museum des FCK ein.

 

Zu seinem 75. Geburtstag beglückwünschen alle älteren und jüngeren FCK-Anhänger den großartigen, fairen und erfolgreichen Fußballer Roland Sandberg, unseren blonden „Schwedenpfeil“, der dank seiner fußballerischen Fähigkeiten und seiner vorbildlichen Art so hervorragend in die Tradition eines Fritz Walters auf den Betzenberg passte, und wünschen ihm für die Zukunft Gesundheit und alles erdenklich Gute.

 

Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen in Kaiserslautern!

 

hw

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