Saison 1990/91 (Foto: Archiv Thomas Butz)
Saison 1990/91 (Foto: Archiv Thomas Butz)

Eine deutsch-deutsche Fußballgeschichte

Der Ex-FCK-Spieler Rainer Ernst feiert am 31. Dezember seinen 60. Geburtstag

31.12.2021

 

Immerhin 56 A-Länderspiele für die DDR-Nationalmannschaft zieren die Karriere von Rainer Ernst. Er ist somit einer der der meistberufenen Nationalspieler der letzten Fußballergeneration des sozialistischen Deutschland. Gleichzeitig ist er einer der erfolgreichsten Torschützen der früheren DDR-Nationalauswahl. Nach der Wende kam der Blondschopf aus dem Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns im Jahr 1990 vom einstigen Stasi-Club BFC Dynamo Berlin nach Kaiserslautern zum FCK und wurde mit den Roten Teufeln Deutscher Meister. Nach nur einer Spielzeit verließ er den Betzenberg wieder. Nach weiteren Stationen bei Girondins Bordeaux, dem AS Cannes, dem FC Zürich und beim FSV Salmrohr, wo er seine Karriere ausklingen ließ, kehrte er 1996 in seine Heimat zurück, wo er seither zusammen mit seiner Frau Claudia einen Großhandel für Sport- und Modeartikel betreibt. Am heutigen 31. Dezember 2021 wird Rainer Ernst 60 Jahre alt.

 

Die Leidenschaft fürs Kicken erbte Rainer Ernst sicher von seinem Vater Joachim Ernst, der in den 1960er Jahren in der DDR-Oberliga spielte. Wenn auch spät, denn der Filius interessierte sich zunächst für die Leichtathletik und den Skilanglauf. Im staatlich geförderten Sportwesen der DDR schaffte er als Mittelstreckenläufer immerhin die Aufnahmenorm für die Kinder- und Jugendsportschule. Im Alter von nicht ganz sieben Jahren spielte er erstmals Fußball. In seiner Heimatstadt, bei der SG Dynamo Neustrelitz, die ihn dann im Alter von erst 13 Jahren 1975 bereits zum Berliner FC Dynamo delegierte. Der staatliche Spitzenclub der Sportvereinigung Dynamo in der DDR. Dort durchlief er alle Jugendmannschaften bis zu den Junioren. Mit der Juniorenmannschaft wurde er jeweils 1978 und 1979 DDR-Meister und gehörte in jener Zeit auch zum Kader der DDR-Juniorennationalmannschaft, für die er 25 Länderspiele bestritt und zehn Treffer erzielte.

 

Seinen Einstand in der DDR-Oberliga gab der talentierte auffällig blonde Mittelfeldakteur bereits im Alter von 17 Jahren. Am vorletzten Spieltag der Saison 1978/79 stand er am 6. Juni 1979 in der Partie Chemie Böhlen gegen den BFC Dynamo (3:10) in der Startelf und ackerte im Mittelfeld über die vollen 90 Minuten. Auch am 26. und letzten Spieltag durfte er als Einwechselspieler für eine knappe halbe Stunde ran. Damit gehörte er zum Spielerkreis, der den ersten DDR-Meistertitel für den BFC gewann. An den folgenden neun Meistertiteln in Folge hatte er zunehmend bedeutenderen Anteil. Neben den Meistertiteln mit Dynamo kam Rainer Ernst in den Jahren 1988 und 1989 auch noch zu zwei Pokalgewinnen im FDGB-Fußballpokal. Seine letzte Spielzeit für den BFC bestritt er in der Saison 1989/90. 24 Punktspiele in der Oberliga und fünf Tore standen am Ende zu Buche. In elf Jahren hatte er damit 216 Oberligaspiele bestritten und dabei 91 Tore erzielt. Außerdem kam er in 31 Europapokalspielen zum Einsatz.

 

Im Alter von erst 19 Jahren gehörte Rainer Ernst auch bereits zum Kader der DDR-Nationalmannschaft. Nachdem er bereits elf Länderspiele mit der U-21 bestritten hatte, kam er am 11. November 1981 im Weltmeisterschaftsqualifikationsspiel DDR gegen Malta (5:1) als Einwechselspieler in der 79. Minute zu seinem ersten A-Länderspiel. Er bestritt immerhin 20 der in seiner Zeit als Nationalspieler ausgetragenen 31 Qualifikationsspiele zur Europa- und Weltmeisterschaft. Eine Qualifikation schaffte die DDR-Nationalauswahl nie. „Ich hätte gern eine EM oder WM gespielt. Dass wir das nicht geschafft haben, gehört für mich zu den großen Niederlagen meiner Laufbahn”, räumte der sympathische Blondschopf vor wenigen Monaten beim Blick auf seine eigene Fußballervita ein. Neben seinen Auftritten in der A-Nationalmannschaft bestritt er auch 22 Länderspiele mit zehn Toren für die Nachwuchsnationalmannschaft. Beim renommierten U-21-Turnier in Toulon wurde Rainer Ernst bei der 1982er-Ausgabe als bester Spieler geehrt.

 

Nach dem Fall der Mauer im Jahr 1989 zog es Rainer Ernst wie zahlreiche ehemalige DDR-Oberliga-Kicker gen Westen. Zur Saison 1990/91 wechselte er zum 1. FC Kaiserslautern, dem frischgebackenen DFB-Pokalsieger. Sein Debüt im Trikot der Roten Teufel gab er bereits am ersten Spieltag, als der FCK im Hamburger Volksparkstadion mit einem 3:1-Auswärtssieg den Grundstein für eine unvergessene Spielzeit legte. Rainer Ernst war es, der in der 17. Minute den FCK mit einem verwandelten Foulelfmeter in Führung brachte. Trotz dieses überragenden Auftaktes kam Rainer Ernst im Laufe der Saison nur zu insgesamt 18 Bundesligaspielen, davon 16 in der Startformation. Mit dem Europapokal der Pokalsieger, DFB-Pokal, UI-Cup und Supercup trug Rainer Ernst in insgesamt 22 Pflichtspielen das Trikot der Roten Teufel. Zwei Tore konnte er bis Saisonende in der Bundesliga beisteuern, ein drittes kam im DFB-Pokalwettbewerb hinzu. Beim Saisonfinale im Köln-Müngersdorfer Stadion, als der FCK vor rund 40.000 mitgereisten eigenen Fans mit dem sensationellen 6:2-Auswärtssieg endgültig den Deckel drauf machte und sich den dritten Meistertitel sicherte, durfte auch Rainer Ernst nochmal ran. Er kam in der 75. Minute für Bernhard Winkler. Der FCK führte bereits mit 4:2 und ließ durch Marco Haber und Markus Schupp noch zwei weitere Treffer folgen. Der FCK war Deutscher Meister und Rainer Ernst hatte seinen 13. nationalen Titel in der Tasche!

 

Nach nur einer Spielzeit am Betzenberg ging Rainer Ernst ins Ausland. In der Saison 1991/92 spielte er in der französischen zweiten Liga für den Ex-Meister Girondins Bordeaux. Er absolvierte dort 24 Meisterschaftsspiele und verhalf mit sieben erzielten Toren dem Klub zum Aufstieg in die Première Division. Anschließend wechselte er zum französischen Zweitligisten AS Cannes, wo er lediglich in sieben Spielen eingesetzt wurde. Noch während der laufenden Saison 1992/93 nahm er ein Angebot des FC Zürich an. Bis zum Ende der Saison 1993/94 bestritt er 17 Spiele in der Schweizer Nationalliga, in denen er zwei Tore erzielte. Anschließend kehrte der inzwischen 33-Jährige nach Deutschland zurück und spielte von 1994 bis 1997 für den Regionalligisten FSV Salmrohr in der drittklassigen Regionalliga, wo er seine aktive Fußballerkarriere ausklingen ließ. Nach dem Karriereende kehrte er in seine Heimatstadt Neustrelitz zurück und betreibt dort bis heute ein Unternehmen für Sport- und  Modeartikel. Die FCK-Familie und das gesamte Museumsteam gratulieren ganz herzlich zum 60. Geburtstag.

 

mg

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