FC Bayern München-1. FCK am 2. August 1997 (Foto: 1. FC Kaiserslautern)
FC Bayern München-1. FCK am 2. August 1997 (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Ein Tor zum Auftakt einer märchenhaften Reise

Der ehemalige FCK-Profi Michael Schjønberg feiert am 19. Januar 2022 seinen 55. Geburtstag

19.01.2022

 

Otto Rehhagel holte ihn zu Beginn der Zweitligasaison 1996/97 an den Betzenberg und nannte ihn ehrfurchtsvoll den „Wikinger“. Für einen Dänen wie Michael Schjønberg eine nicht nur aufgrund der nordischen Herkunft ein berechtigter Spitzname. Auch auf dem Spielfeld machte der großgewachsene resolute Abräumer seinem Beinamen alle Ehre. Seine stets zuverlässige Defensivarbeit, seine Übersicht und seine überragende Fähigkeit gegnerische Spielzüge sowie Lauf- und Ball-Wege seiner Gegenspieler mit einer bewundernswerten Gabe antizipieren zu können, machten ihn vor allem in Kaiserslautern zu einem Publikumsliebling. Doch nicht nur seine überragende Spielweise im der Defensive der Roten Teufel lässt FCK-Fans bis heute mit der Zunge schnalzen. Auch die eine oder andere Kuriosität, die seine Fußballer-Vita ziert, ist bis heute Erzählstoff für kurzweilige Abende unter Fußballfreunden. Nicht nur beim 1. FC Kaiserslautern. Am 19. Januar 2022 feiert Michael Schjønberg seinen 55. Geburtstag.

 

Fällt in FCK-Kreisen der Name Michael Schjønberg, wird in aller Regel zuerst der 2. August 1997 aus der Erinnerung gekramt. Der FCK hatte den als „Betriebsunfall“ deklarierten Abstieg aus der Bundesliga wieder ausgebügelt und war nach einem Jahr in Liga zwei zurück in der Beletage des deutschen Fußballs. Der Spielplan führte die Roten Teufel gleich zum Saisonauftakt zum amtierenden Deutschen Meister, zum FC Bayern München. Das Olympiastadion war restlos ausverkauft. Mit dabei rund 10.000 FCK-Fans, die nach Bundesligaluft lechzten. Michael Schjønbergs Einsatz war erst sehr kurzfristig klar, da seine Frau ihr zweites Kind erwartete. Doch Otto Rehhagel wollte seinen Defensivmann unbedingt in der Startelf sehen. Der Fußball erhielt den Vorzug. So fuhr Michael Schjønberg erst am Samstagmorgen nach München und stand mit seinen Mannschaftskollegen beim Anpfiff im Olympiastadion im weiß-grauen Auswärtsdress der Roten Teufel auf dem Rasen.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Die Bayern wirkten weit weniger motiviert als die Jungs von Otto Rehhagel, die vom Anpfiff weg mutig aufspielten und sich immer wieder auch aussichtsreiche Chancen erarbeiteten. Schon das 0:0 zur Pause erstaunte so manchen Experten, auch weil der FCK sich ganz und gar nicht als Underdog präsentiert hatte. Zehn Minuten vor dem Abpfiff holte Münchens Neuzugang Bixente Lizarazu den erst 19-jährigen Marco Reich rüde von den Beinen. Dass der bereits mit Gelb belastete Bayern-Star nicht frühzeitig zum Duschen geschickt wurde, wurmte die Pfälzer. Ciriaco Sforza führte den fälligen Freistoß aus, bediente mit einem maßgenauen Ball den weit aufgerückten Michael Schjønberg, der im Strafraum am höchsten stieg und die Kugel mit einem Aufsetzer zur Lauterer Führung einnetzte. Die Roten Teufel brachten die knappe Führung über die Zeit und entführten die ersten drei Punkte der Saison aus dem damaligen Wohnzimmer der Münchner Bayern. Es war Michael Schjønbergs erstes Bundesligator in seinem ersten Bundesligaspiel. Es sollte die Initialzündung für eine überragende Saison werden, der Auftakt für eine märchenhafte Reise an deren Ende der Gewinn der vierten Deutschen Meisterschaft stand.

 

Fünf Jahre zuvor war es übrigens Michael Schjønberg, der bei seiner Zweitligastation in Hannover mit einem nicht minder wichtigen Tor den Schlusspunkt zu einer erfolgreichen Spielzeit und zu einem Titelgewinn darstellte. Hannover 96 hatte im DFB-Pokal auf dem Weg ins Finale in Berlin als Zweitligist mit dem VfL Bochum, Borussia Dortmund, dem KFC Uerdingen, dem Karlsruher SC, Werder Bremen und im Finale Borussia Mönchengladbach nicht weniger als sechs Erstligisten ausgeschaltet. Im Finale gegen die Fohlenelf stand es nach 120 Minuten torlos 0:0! Der Favorit vom Niederrhein musste gegen den David aus dem Unterhaus ins Elfmeterschießen. Nachdem Jörg Sievers im Kasten der Hannoveraner bereits zweimal und Uwe Kamps auf Gladbacher Seite zumindest einmal gehalten hatten, legte sich beim Stand von 3:3 Michael Schjønberg das Leder zum entscheidenden Elfer zurecht - und verwandelte eiskalt! An der Leine stieg eine riesengroße Party. Es war der bisher einzige DFB-Pokalsieg eines Zweitligisten und auch der einzige der Hannoveraner.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Die vier Jahre in der niedersächsischen Landeshauptstadt waren für Michael Schjønberg die ersten Fußballerjahre außerhalb seiner dänischen Heimat. Mit dem Fußballspielen begann er in seinem Geburtsort Esbjerg, an der dänischen Westküste, knapp 100 Kilometer nördlich der deutsch-dänischen Grenze. Nach einem Wechsel von seinem Jugendverein SGI Esbjerg zu Esbjerg fB spielte er von 1987 bis 1990 vier Spielzeiten in der 2. Dänischen Division. Zu Beginn der Saison 1990/91 wechselte er dann zu Hannover 96. 1994 kehrte er in seine dänische Heimat zurück und unterschrieb beim Erstligisten Odense BK. Dort kam er in der Saison 1993/94 noch sieben Mal zum Einsatz und qualifizierte sich mit dem Verein für den UEFA-Pokal 1994/95, in dem Odense erst im Viertelfinale ausschied. Nachdem er im August 1996 für Odense BK noch in der Qualifikationsrunde zum UEFA-Pokal 1996/97 zum Einsatz gekommen war, folgte der blonde Defensivspezialist dem Ruf Otto Rehhagels und wechselte zum Lauterer Betzenberg.

 

Sein Debüt im FCK-Trikot gab er am 6. September 1996 beim Zweitliga-Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 (1:1). Mit den Roten Teufeln schaffte er den sofortigen Wiederaufstieg und als Aufsteiger schaffte der FCK, was bis heute keinem Aufsteiger noch einmal gelingen konnte. Die Mannschaft trat nach dem überraschenden Auswärtssieg am ersten Spieltag bei den Münchner Bayern einen unbeschreiblichen Siegeszug an und wurde am Ende der Saison sensationell Deutscher Meister. In der Saison 1998/99 verletzte sich Michael Schjønberg schwer. Nach einem Zusammenprall mit dem Torhüter des VfL Bochum brach er sich am 26. September 1998 das Schien- und Wadenbein. Erst in der Rückrunde beim Spiel gegen die Münchner Bayern, am 13. April 1999, stand er wieder im Lauterer Trikot auf dem Rasen.

Kuriosum, Michael Schjønberg als Keeper der Roten Teufel (Foto: 1. FC Kaiserslautern)
Kuriosum, Michael Schjønberg als Keeper der Roten Teufel (Foto: 1. FC Kaiserslautern)

Einen spektakulären Auftritt hatte Michael Schjønberg am 33. Spieltag in der Saison 1999/2000. Bei der Auswärtspartie des FCK beim SC Freiburg musste Trainer Otto Rehhagel schon nach einer halben Stunde den verletzten Stammtorhüter Georg Koch durch Uwe Gospodarek ersetzen. Doch in der Halbzeitpause fiel auch Uwe Gospodarek verletzungsbedingt aus. Noch in der Kabine übergab dieser sein Trikot an Michael Schjønberg, der bis zum Abpfiff der Partie die Aufgabe als Keeper im Lauterer Kasten übernahm, das Freiburger 2:1 durch Lewan Kobiaschwili in der 59. Minute jedoch nicht verhindern konnte. Ansonsten aber spielte er fehlerfrei und krönte seine Leistung in der 84. Minute mit einem gehaltenen Strafstoß, geschossen von Aleksandre Iaschwili.

 

Seine 1998 erlittene Verletzung machte ihm immer wieder zu schaffen. Wegen dieser Verletzung und wegen akuter Kniebeschwerden beendete er in der Saison 2000/01 seine Fußballkarriere frühzeitig. Insgesamt 132 Pflichtspiele absolvierte Michael Schjønberg für den FCK, davon 91 in der Bundesliga und erzielte insgesamt 13 Tore für die Roten Teufel. Seine Karriere brachte ihm immerhin vier Titel ein. Neben der Zweitligameisterschaft und der Deutschen Meisterschaft mit dem FCK sowie dem DFB-Pokalsieg mit Hannover 96, gewann er mit der dänischen Nationalmannschaft 1995 den Confederations Cup, in dem er zweimal zum Einsatz kam. In insgesamt 47 Partien trug er das dänische Nationaltrikot.

 

Nach dem Ende seiner aktiven Fußballerlaufbahn wechselte Michael Schjønberg ins Trainergeschäft. Nach einer Saison als Jugendtrainer beim 1. FC Kaiserslautern trainierte er kurzzeitig die zweite Mannschaft von Hannover 96. Im April 2007 kehrte er als Sportdirektor zum FCK zurück, trat aber nach schlechten Leistungen der Zweitliga-Mannschaft schon im November 2007 wieder zurück. Nach weiteren Stationen als Trainer und Sportdirektor ist er heute bei einem Sozialprojekt tätig. Seinen letzten bejubelten Auftritt im Trikot der Roten Teufel hatte Michael Schjønberg übrigens am 8. September 2018, als sich ein Großteil der Meistermannschaft von 1998 am Betzenberg zusammenfand, um gemeinsam mit den Fans unter dem Motto „Heimkehr der Helden“ das 20-jährige Jubiläum des sensationellen Titelgewinns von 1998 zu feiern. Sowohl auf dem Spielfeld gegen ein All-Star-Team als auch bei der abendlichen Party in einem Hotel in Stadionnähe, fühlte sich der sympathische Däne sichtlich wohl und zeigte auch dort, dass „Wikinger“ auch ausgelassen feiern können.

 

mg

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