Ein Abenteuer, das im Big Apple begann

Die erste USA-Reise des 1. FC Kaiserslautern jährt sich zum 65. Mal

05.05.2022

 

Fotos: Eric Lindon, PVZ vom 04.05.1957
Fotos: Eric Lindon, PVZ vom 04.05.1957

Der 1. FC Kaiserslautern international! Das war einmal das Motto einer Arbeitsgruppe, die vor einigen Jahren unter dem damaligen FCK-Fanbetreuer Christoph Schneller die unterschiedlichsten internationalen FCK-Begegnungen aus mehreren Jahrzehnten unter die Lupe nahm. So mancher FCK-Fan, der das altehrwürdige Stadion auf dem Lauterer Betzenberg noch aus Zeiten kennt, in denen die Tribünen im Osten und Westen den Zuschauern noch nicht den Komfort einer vollständigen Überdachung boten, wird bei diesem Thema wehmütig an die ersten Europapokal-Auftritte der Roten Teufel in den frühen 1970er Jahren denken und an die glanzvollen Auftritte in den darauffolgenden drei Dekaden. Auch so manche Begegnung früherer Jahrzehnte, die unter dem Stichwort „Freundschaftsspiel“ oder „Testspiel“ gegen Mannschaften aus anderen Ländern angepfiffen wurde, mag dem einen oder anderen noch im Gedächtnis haften. Letzteres gab es auch bereits zu Fritz Walters Zeiten. Aus jenen Jahren bleibt eine ganz besondere Reise der Kicker vom Betzenberg bis heute im Gedächtnis. Die Reise des 1. FC Kaiserslautern über den Atlantik in die USA, die sich in diesem Jahr zum 65. Mal jährt.

 

Rund 55 Millionen Menschen wanderten zwischen 1840 und 1935 in die USA aus, darunter auch Millionen Deutsche, deren Nachfahren bis heute bemüht sind, ihre kulturelle Identität und ihre traditionsreichen Wurzeln zu erhalten und zu pflegen. Dazu gehörte in den 1920er Jahren auch der Fußball. Mehrere deutschsprachige Vereine gründeten 1923 die Deutsch-Amerikanische Fußballliga, die sich 1927 in DAFB (Deutsch Amerikanischer Fußball Bund) umbenannte. Nach dem 2. Weltkrieg bemühte sich der Verband rege um die Vertiefung der Beziehungen zwischen den USA und der BRD auf sportlicher Ebene. Der Hamburger SV war 1950 der erste deutsche Verein, der auf Einladung des DAFB in die USA gereist war. Zwei Jahre lang versuchten Funktionäre des US-Verbandes auch den 1. FC Kaiserslautern zu einem USA-Besuch zu bewegen.

 

1957 nahm der Verein die Einladung an und der 1. FC Kaiserslautern machte sich Anfang Mai dann auf den Weg über den großen Teich, um bei einem fast dreiwöchigen Aufenthalt sechs Spiele zu absolvieren. Fritz Walter reiste per Schiff voraus, da er unter panischer Flugangst litt. Mit an Bord des Atlantik-Liners "United States" war Sepp Herberger, der die Lauterer als Gast begleitete. Der restliche FCK-Tross folgte per Flug an Bord einer Lufthansa-Super-Constellation und landete in den Morgenstunden des 3. Mai in New York "Idle-Wide". Mannschaft, Begleiter und Offizielle erwartete ein minutiös getaktetes Programm mit Empfängen, Veranstaltungen, diversen gesellschaftlichen Verpflichtungen und insgesamt sechs Testspielen. Zahlreiche Zeitdokumente erzählen davon, wie beeindruckt sich die Lauterer nach ihrer Ankunft von der Millionenmetropole zeigten. Die weiteren Stationen waren St. Louis, Chicago, Michigan und Philadelphia ehe es von der letzten Station - wieder in New York - Ende Mai 1957 zurück in die Heimat ging.

 

Das in deutscher Sprache erscheinende Blatt "New Yorker Staats-Zeitung & Herold" widmete mehr als die Hälfte seiner 16-seitigen Ausgabe vom 3. Mai dem Reise-Auftakt des 1. FC Kaiserslautern. Zahlreiche Zeitdokumente erzählen davon, wie beeindruckt sich die Lauterer nach ihrer Ankunft von der Millionenmetropole zeigten.

 

Der erste sportliche FCK-Auftritt folgte am 5. Mai. Im Rahmen eines jährlich stattfindenden mehrstündigen Sportfestes auf Randalls Island traten die Roten Teufel gegen eine DAFB-Auswahl an. "Wir freuen uns ganz besonders, mit dem 1. FC Kaiserslautern einen der prominentesten Vereine bei uns zu haben…", betonte DAFB-Präsident August Steuer in seiner Begrüßungsansprache. Die All-Stars des DAFB hatten sich gut vorbereitet und vorab vier Testspiele absolviert, die sie alle gewonnen und dabei 22:4 Tore erzielt hatten. Nach Meinung der Presse eine Auswahl bei jeder der 15 Akteure durchaus in einer deutschen Oberliga-Mannschaft hätte spielen können. Betreut wurden die All-Stars übrigens von Johann Herberger, dem Neffen von Bundestrainer Sepp Herberger. Bei seiner sportlichen Premiere auf amerikanischem Boden musste sich der FCK dann überraschend mit 0:1 geschlagen geben.

 

Die rund 25.000 Zuschauer im New Yorker Victoria Stadium merkten den FCK-Akteuren die Strapazen der Reise und die klimatische und zeitliche Umstellung deutlich an. Dem damals schon 36-jährigen Fritz Walter hatte man ein 18-jähriges Nachwuchstalent namens Herink auf die Füße gestellt, der seine Aufgabe mit Bravour erledigte und den routinierten Denker und Lenker der Lauterer nie richtig zur Entfaltung kommen ließ. Das Tor des Tages fiel in der 80. Minute durch Mittelstürmer Walter Schmid. Es war der erste Sieg einer DAFB-Auswahl gegen ein deutsches Team.

 

Nach dem ergebnistechnisch weniger erbaulichen Spiel in New York, ging es von der Hochglanz-Metropole an der Ostküste nach St. Louis, wo am 8. Mai 1957 mit dem St. Louis Kutis S.C. der amtierende amerikanische Fußball-Champion auf den FCK-Tross wartete.

 

mg

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