Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Markenzeichen - Heißsporn, Schlitzohr und Schnauzbart

Demir Hotić feiert am 9. Juli 2022 seinen 60. Geburtstag

09.07.2022

 

Lässt man im Geiste die Namen schillernder Spielerpersönlichkeiten des 1. FC Kaiserslautern aus den frühen 1990er Jahre Revue passieren, dann darf der Name Demir Hotić nicht fehlen. Der Offensivspieler kam im Dezember 1989 vom damaligen Ligarivalen VfB Stuttgart zum Betzenberg. Bei den Schwaben war er Teil einer echten Spitzenmannschaft. Namhafte Kicker wie Eike Immel, Karl Allgöwer, Guido Buchwald, Asgeir Sigurvinson, Michael Frontzeck oder Maurizio Gaudino trugen damals das Trikot mit dem roten Brustring. Doch Trainer Arie Haan gab jüngeren Talenten den Vorzug vor Demir Hotić, was den heißblütigen Bosnier veranlasste, sich mit Wechselgedanken zu beschäftigen. Er folgte dem Ruf aus der Pfalz und wechselte nach der Hinrunde im Dezember 1989 nach Kaiserslautern, wo er mit dem FCK dreieinhalb märchenhafte Jahre erleben und mit den Roten Teufeln 1990 Deutscher Pokalsieger und 1991 Deutscher Fußballmeister werden sollte. Am heutigen 9. Juli feiert Demir Hotić seinen 60. Geburtstag.

 

In Bosanski Novi, heute Novi Grad, im Nordwesten des heutigen Bosnien und Herzegowina, hat Demir Hotić das Licht der Welt erblickt. Zu einer Zeit als die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien noch existierte. In der Kleinstadt an der Mündung der Flüsse Sana und Una, unweit der heutigen Grenze zu Kroatien, machte der kleine Demir seine ersten fußballerischen Gehversuche. Bereits als junger Bub schnürte er im dortigen Dorfverein Sloboda Bosanski Novi seine Fußballschuhe. Anfang der 1970er Jahre zog es seine Familie nach Deutschland, wo der talentierte Filius ab 1974 seinen fußballerischen Ambitionen zunächst bei der TuS Gerresheim, einem Düsseldorfer Stadtteil-Verein, nachgehen konnte. 1980 wechselte er zum PSV Borussia Düsseldorf, ehe er im Alter von 18 Jahren zur Düsseldorfer Fortuna kam und dort in der 2. Mannschaft für zwei Jahre einen festen Platz fand.

 

1983 kam dann der Wechsel zum damaligen Zweitligisten SG Union Solingen, bei dem er vier Jahre verbrachte und sich dann zur Spielzeit 1988/89 dem Ligakonkurrenten Stuttgarter Kickers anschloss. Auch beim großen Stadtrivalen VfB Stuttgart war man auf den giftigen Offensivspieler aufmerksam geworden und so wechselte Demir Hotić im Sommer 1989 von der Waldau hinunter nach Bad Cannstatt. Trainer Arie Haan war bei den Schwaben seit 1987 Chefcoach und konnte mittlerweile eine schlagkräftige Truppe ins Meisterschaftsrennen schicken. Doch da der Trainer dem drei Jahre jüngeren Manfred Kastl den Vorzug zu geben schien, wollte Demir Hotić schon nach einem halben Jahr unbedingt weg. Präsident Mayer-Vorfelder gab grünes Licht und Demir Hotić schloss sich im Dezember nach dem nur sechs Monate währenden Gastspiel bei den Stuttgartern den Roten Teufeln vom Betzenberg an.

 

Rund um den Traditionsclub aus der Pfalz sah die sportliche Situation zu jener Zeit weit weniger rosig aus. Die Mannschaft rangierte Ende November auf Tabellenplatz 16 und über dem Fritz-Walter-Stadion schien wieder einmal das Abstiegsgespenst seine Kreise zu ziehen. Seine erste Partie im Dress der Roten Teufel absolvierte Demir Hotić am 20. Spieltag, als er am 9. Dezember 1989 beim Auswärtsspiel gegen den Karlsruher SC in der Startelf stand. Beide Mannschaften trennten sich am Ende mit einem torlosen Unentschieden. Es sollte fünf weitere Anläufe benötigen, ehe der FCK wieder eine Partie für sich entscheiden konnte. Das Heimspiel gegen den VfL Bochum am 25. Spieltag gewannen die Roten Teufel nach frühem Rückstand noch mit 2:1. Zwischenzeitlich hatten die Vereinsverantwortlichen nach einer ernüchternden Pleite beim Gastspiel in Mannheim Ende Februar Trainer Gerd Roggensack entlassen und dafür Karl-Heinz Feldkamp verpflichtet. Demir Hotić hatte vor dem Heimsieg gegen den VfL Bochum beim 1:1-Unentschieden in Frankfurt gegen die Eintracht sein erstes Tor für die Pfälzer erzielt. Der FCK rangierte da auf einem direkten Abstiegsplatz. Am 26. Spieltag gastierte der FCK beim VfB Stuttgart. Für Demir Hotić eine besondere Motivation. Die Truppe von Karl-Heinz Feldkamp nahm die Punkte aus Stuttgart mit. Das einzige Tor des Tages erzielte – Demir Hotić! In den folgenden fünf Spielen gelangen vier Siege. Lediglich gegen die Münchner Bayern musste der FCK sich geschlagen geben.

 

Am Ende hatte es gereicht. Der FCK hatte den Abstieg abwenden können, landete auf Tabellenplatz 12 und hatte sich im nationalen Pokalwettbewerb die Teilnahme im Finale gesichert. Eine Woche nach Saisonschluss reiste der FCK zum Bonus-Spiel nach Berlin, um nach einer nervenaufreibenden Saison als Außenseiter gegen den Favoriten SV Werder Bremen anzutreten. Es sollte auch für Demir Hotić der bis dahin größte Triumph seiner Karriere werden. Der FCK bezwang den Favoriten am Ende verdient mit 3:2 und wurde erstmals in seiner Geschichte Deutscher Pokalsieger.

Nur ein Jahr später sollte auch für Demir Hotić ein noch größerer Traum in Erfüllung gehen. Die Mannschaft um Trainer Karl-Heinz Feldkamp, die in der Saison davor noch fast abgestiegen wäre, wurde sensationell Deutscher Fußballmeister! Der dritte Meistertitel nach 1951 und 1953! Auch Demir Hotić hatte an diesem Husarenstück einen gewichtigen Anteil. Acht Tore konnte er im Laufe der Saison zum Titel beisteuern. Mit seiner aggressiven, kämpferischen und leidenschaftlichen Spielweise verlieh er dem FCK-Spiel immer wieder den nötigen Biss, der so manchen Prozentpunkt an Leistungsreserve noch mobilisieren konnte.

 

Seinen vielleicht größten Auftritt in seiner Fußballerkarriere hatte Demir Hotić am 6. November 1991. Bei der legendären Achtelfinal-Partie des Europapokals der Landesmeister erzielte er beim 3:1-Heimsieg des 1. FC Kaiserslautern über den späteren Pokalgewinner FC Barcelona zwei Tore. Eines in seiner schlitzohrigen Manier, als er Spaniens Nationalkeeper Andoni Zubizarreta narrte, der dann auch heftig auf eine Behinderung reklamierte, beim damaligen Schiri aber kein Gehör fand. Der zweite Treffer von Demir Hotić kurz nach dem Seitenwechsel war dann ein sauber und solide verwandelter Kopfballtreffer. Damit war die 0:2-Hinspielniederlage bereits egalisiert. Bis zur 90. Minute führte der FCK sogar mit 3:0, ehe dem spanischen Meister durch ein glückliches Tor in der Schlussminute doch noch der Einzug in die nächste Runde gelang, lediglich wegen des mehr erzielten Auswärtstores. Ein Moment den Demir Hotić und viele seiner damaligen Kameraden bis heute nicht aus ihren Köpfen kriegen. Vielen Fans geht es aber nicht viel anders.

 

Demir Hotić blieb bis zum Sommer 1993 in Kaiserslautern. Während seiner dreieinhalb Jahre am Betzenberg trug er in 124 Pflichtspielen das Trikot der Roten Teufel, exakt 100 davon in der Bundesliga. 31 Treffer konnte er für den FCK erzielen, 26 davon in der Fußball-Bundesliga. Nach seiner Zeit in Kaiserslautern gab er sich einem Auslandsabenteuer hin und wechselte im August 1993 in die Türkei zu Fenerbahçe Istanbul. Ein Engagement, das er rückblickend selbst als Albtraum wertet. Nach nur nicht einmal zwei Monaten ging es wieder zurück nach Deutschland, wo er sich bis zum Ende der Saison erneut den Stuttgarter Kickers anschloss. Beim Schweizer Yverdon-Sport FC beendete er 1995 seine Profikarriere 1995.

Wie viele andere Spieler versuchte er sich nach seiner aktiven Spielerkarriere im Trainergeschäft. Von 1996 bis 1999 arbeitete er als Trainer beim Traditionsverein Wormatia Worms, den er 1998 aus der Verbandsliga zurück in die Oberliga Südwest führte. Nach einem kurzen Intermezzo bei der U19 des 1. FC Kaiserslautern wechselte er zum Oberligisten Eintracht Bad Kreuznach. In seiner Trainerzeit bei TuRU Düsseldorf von 2002 bis 2005 stieg der Verein von der Landesliga bis in die Oberliga Nordrhein auf. Von Ende September 2007 bis Juni 2008 arbeitete er an der Seite seines ehemaligen Lauterer Mitspielers Reinhard Stumpf beim türkischen Erstligisten Gençlerbirliği Ankara als Co-Trainer. Im Januar 2009 übernahm er für ein halbes Jahr den Trainerposten beim FK Željezničar Sarajevo, einem der traditionsreichsten Vereine in Bosnien und Herzegowina. Sein bis dahin letztes Engagement in der Coaching Zone.

 

Beachtliche 377 Pflichtspiele zieren seine Spielerkarriere, in der er 91 Tore erzielen konnte. Dem FCK ist und bleibt Demir Hotic bis heute verbunden. Die Entwicklung der zurückliegenden Jahre hat ihn ebenso geschmerzt, wie alle anderen auch, denen der FCK am Herzen liegt. Daraus hat er auch nie einen Hehl gemacht, denn auch abseits des Rasens durfte man stets einen Demir Hotic erleben, der nie ein Blatt vor den Mund nahm. Er war immer einer, der das Herz auf der Zunge trug und bis heute trägt. Schon als Spieler war er selten darum verlegen, geradeheraus und ohne Umschweife, selbst angesehenen Trainerpersönlichkeiten oder später auch dem einen oder anderen Vereinsfunktionär seine Meinung kundzutun. Mitunter auch mit dem gleichen Heißsporn-Charakter, den früher seine Gegenspieler auf dem Rasen zu spüren bekamen.

 

Das Museumsteam und FCK-Fans gratulieren aufs Herzlichste zum 60. Geburtstag und wünschen für die Zukunft weiterhin alles Gute, vor allem aber Gesundheit.

 

mg

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