Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Der Kämpfer mit der linken Klebe

Martin Wagner feiert am 24. Februar seinen 55. Geburtstag

24.02.2023

 

Noch stand es 0:0 zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem Karlsruher SC im DFB-Pokalfinale am 25. Mai 1996, als sich Martin Wagner in der 42. Minute nach einem Freistoßpfiff von Schiedsrichter Manfred Krug den Ball etwa 17 Meter vor dem gegnerischen Tor zurechtlegte. Nicht weniger als acht Karlsruher Feldspieler hatten sich vor dem Kasten von Claus Reitmaier aufgebaut, um Schlimmeres zu verhindern. Doch es kam schlimmer! Der athletische Mittelfeldakteur der Roten Teufel machte vier kraftvolle Anlaufschritte und drosch das Leder wuchtig ins Karlsruher Tor. Indem er dem heutigen FCK-Trainer Dirk Schuster in der Mauer und Claus Reitmaier zwischen den Pfosten der Badener die Kugel quasi durch die Hosenträger jagte, düpierte er dabei gleich zwei Karlsruher Akteure. Der Treffer sollte das einzige Tor des Tages bleiben, der FCK holte zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte den DFB-Pokal an den Lauterer Betzenberg. Für Martin Wagner bleibt der Siegtreffer im Pokalfinale von 1996 sicher eines von zahlreichen Highlights seiner langen Fußballerkarriere. Doch es gab und gibt noch viele andere Facetten, die den geradlinigen und stets kämpferischen Charaktertyp seit jeher ausgezeichnet haben. Auch abseits des grünen Rasens und auch lange nach dem Ende seiner Karriere.

 

In seiner südbadischen Heimat, beim Offenburger FV und der U19 des Kehler FV 07 entfaltete sich das fußballerische Talent Martin Wagners. Wie in jenen Zeiten üblich, alles neben Schule und Ausbildung zu einem soliden Handwerksberuf. Erst nach bestandener Abschlussprüfung sollte das Abenteuer Profifußball Fahrt aufnehmen. Im Alter von 20 Jahren wechselte Martin Wagner zum 1. FC Nürnberg, wo er unter Trainer Hermann Gerland bald zum Stammspieler avancierte. In den vier Jahren in Franken absolvierte er mehr als einhundert Pflichtspiele für den Club, davon genau 100 in der Bundesliga. Im Sommer 1992 folgte Martin Wagner dem Werben des 1. FC Kaiserslautern, der zwei Jahre zuvor Pokalsieger und im Jahr 1991 Deutscher Meister geworden war und wechselte zum Betzenberg.

 

Auch bei den Roten Teufeln bestach er sportlich von Anfang an durch seine ehrgeizige Art, seine leidenschaftliche Einsatzfreude, seinen kämpferischen Elan, seinen kräftigen Antritt und seine Schnelligkeit sowie seine enorme Schusskraft. Vor allem seine linke Klebe war ein wirklich echter und sehenswerter Wumms! Das hat nicht nur der Karlsruher SC im Pokalfinale 1996 erleben dürfen. Das Mittelfeld war sein Zuhause, vor allem auf der linken Seite. Wobei grade er sich nie zu schade war, auch hinten immer mal wieder beinhart mit auszuhelfen oder defensive Aufgaben zu übernehmen, wenn der Trainer das erwartete. Seine Art zu kicken, seine Leidenschaft auf dem Platz, seine Offenheit und Gradlinigkeit sowie seine immer authentische Identifikation mit dem Verein, das war und ist bis heute Betze pur! So wurde er schnell schon in seiner aktiven Zeit zum Liebling der Fans und diese Verbindung hat bis heute gehalten.

 

Schon während seiner ersten Saison am Lauterer Betzenberg erntete Martin Wagner auch den Lohn seiner bisherigen Profijahre und seiner ersten Berufung in die A-Nationalmannschaft, als er am 16. Dezember 1992 in Porto Alegre gegen Brasilien durch eine Einwechslung zu Beginn der zweiten Halbzeit zu seinem ersten Einsatz im DFB-Trikot kam. Die Selecao gewann mit 3:1. Bundestrainer Berti Vogts nominierte ihn auch für die Weltmeisterschaft 1994 in den USA, die für Martin Wagner und die deutsche Mannschaft jedoch unglücklich enden sollte. Beim Viertelfinalspiel gegen Bulgarien zog sich der Lauterer eine Halswirbelverletzung zu und musste bewusstlos vom Platz getragen werden. Die DFB-Auswahl schied vorzeitig aus dem Wettbewerb aus. Seinen letzten von insgesamt sechs Einsätzen in der Nationalmannschaft absolvierte er am 12. Oktober 1994 bei einem Freundschaftsspiel gegen Ungarn. Rückblickend merkt er heute durchaus selbstkritisch an, dass es durchaus mehr Partien hätten sein können.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
Foto: 1. FC Kaiserslautern

Acht Jahre lang trug Martin Wagner ab 1992 das Trikot des 1. FC Kaiserslautern. Es war die goldene Dekade der 1990er Jahre, in denen der FCK mit begeisterndem Fußball, mit verrückten Fußballgeschichten und Fußballmärchen seine Anhänger ein ums andere Mal verzückte und Fußballdeutschland zum Staunen brachte. Dazu gehört auch die bittere Scharte, dass der FCK am Ende der Saison 1995/96 erstmals seit Gründung der Bundesliga aus der Beletage des deutschen Fußballs abstieg. Es spricht sehr für Martin Wagner, dass er nach jener Horror-Saison zusammen mit anderen Leistungsträgern dem Verein die Treue hielt. Dies war sicher mit Garant dafür, dass der FCK in der darauffolgenden Spielzeit souverän Zweitligameister wurde und der sofortige Wiederaufstieg gelang. Hierzu hatte Martin Wagner mit 31 Einsätzen und sieben Torerfolgen in der Zweiten Bundesliga wesentlich beigetragen.

 

Vor dem Auftakt zur ersten Zweitligasaison des FCK lag die Genugtuung eine Woche nach dem besiegelten Bundesligaabstieg im oben schon beschriebenen Pokalfinale in Berlin den goldenen Pott in die Pfalz zu holen und Martin Wagners persönlicher Triumph mit seinem Treffer das Siegtor erzielt zu haben. Tja und nach der ersten FCK-Zweitligasaison nahm dann ein Fußballmärchen Fahrt auf, das bis heute einmalig geblieben ist, mit dem der FCK ein sensationelles Stück deutscher Fußballgeschichte geschrieben hat und für das auch der Name Martin Wagner steht. Unter Trainer Otto Rehhagel gewann der FCK sein Auftaktspiel im Münchner Olympiastadion gegen die übermächtigen Bayern mit 1:0, eroberte am vierten Spieltag die Tabellenführung und gab sie bis zum letzten Spieltag nicht mehr ab. Als Aufsteiger wurde der FCK Meister der Saison 1997/98! Martin Wagner war in 30 Begegnungen und mit vier Toren an diesem bis heute beispiellosen Erfolg beteiligt. Die beiden nachfolgenden Spielzeiten beendete der FCK jeweils als Tabellenfünfter. Martin Wagner hatte in dieser Zeit wiederholt mit Verletzungen zu kämpfen. Seinen letzten Einsatz im FCK-Trikot hatte er am 18. März 2000 beim 3:2-Heimsieg gegen den MSV Duisburg. Im Mai, beim Heimspiel gegen 1860 München, nahm er dann tränenreich Abschied vom Betzenberg.

 

Martin Wagner absolvierte 242 Pflichtspiele für den FCK, davon 169 in der Bundesliga. Er prägte den FCK als Sportler und als Spielerpersönlichkeit. Seine Rückennummer 8 trug er mit Stolz, war es doch auch die Rückennummer seines großen Idols Fritz Walter. Zum Abschluss seiner Spielerkarriere wechselte er noch für ein Jahr zum VfL Wolfsburg, wo er allerdings wegen Verletzungen nur noch zwei Begegnungen absolvieren konnte. In seinem Fußballerleben hat Martin Wagner viel erreicht, wovon andere nur träumen konnten. Er wurde Deutscher Meister, Meister der Zweiten Liga, Pokalsieger, er spielte in der Champions League und in der Nationalmannschaft und wurde wegen seiner Einsatzfreude, seines fußballerischen Könnens und seiner geraden, ehrlichen Art ein besonderer Liebling der Lauterer Fans.

 

Nach seiner aktiven Laufbahn erwarb er den Trainer-A-Schein und begann sich mit einer eigenen Agentur als Spielerberater zu betätigen. Auch in diesem Business gab er sich stets kämpferisch, bemühte sich bei seinen Schützlingen auch immer das Menschliche in den Mittelpunkt zu stellen. Seine Kämpfernatur war ein weiteres Mal gefragt, als ihm im Jahre 2014 die Diagnose Hautkrebs gestellt wurde, der er sich entschlossen entgegenstellte und die inzwischen erfolgreich behandelt werden konnte. Den FCK trägt er bis heute im Herzen, übernahm 2019 sogar Gremienarbeit und ist immer noch regelmäßiger Gast im Fritz-Walter-Stadion. Am liebsten auf der Westtribüne, mitten unter den Fans, wo man den Pulsschlag seines Herzensvereins am intensivsten fühlen und hören kann.

 

Am 24. Februar 2023 feiert Martin Wagner seinen 55. Geburtstag. Die gesamte FCK-Familie, die Kurve und auch das Museumsteam gratulieren Martin Wagner dankbar und in freudiger Erinnerung an seine große Zeit auf dem Betzenberg und wünschen ihm für die Zukunft Gesundheit, Glück und alles denkbar Gutee.

 

mg

...zurück