Von wegen Rente mit siebzig!
Erinnerungen zum 70. Geburtstag von Friedhelm Funkel
10.12.2023
Es ist auf den Tag vier Monate her, dass der frühere FCK-Spieler Wolfgang Funkel seinen 65. Geburtstag feierte. Sein knapp fünf Jahre älterer Bruder Friedhelm Funkel spielte bereits vor ihm zwischen 1980 und 1983 am Betzenberg und spielte sich in jenen Jahren in die Herzen des FCK-Anhangs. Noch heute geraten Fans ins Schwärmen, wenn sich Erinnerungen an so manches Spiel einstellen, bei dem der schlaksige und bärtige Mittelfeldallrounder vom Niederrhein mit von der Partie war. Mit Fug und Recht darf man auch behaupten, dass vor allem Friedhelm Funkel einen großen Anteil daran hatte, dass eine besondere Partie am Betzenberg vermutlich bis in alle Ewigkeit Legendenstatus genießen wird. Friedhelm Funkel feiert am 10. Dezember 2023 seinen 70. Geburtstag!
Genau wie sein jüngerer Bruder Wolfgang erblickte auch Friedhelm Funkel im niederrheinischen Neuss das Licht der Welt. Beide Funkel-Buben erlernten das Fußballspielen bei ihrem Heimatverein VfR Neuss, wenn auch aufgrund des Altersunterschiedes zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Wie in jenen Zeiten meist noch üblich, absolvierte Friedhelm Funkel nach dem Schulabschluss zunächst eine Ausbildung zum Beruf des Großhandelskaufmanns. Seine Spielerkarriere begann er dann in der Saison 1973/74 im Alter von 19 Jahren bei Bayer 05 Uerdingen. Über einen Zeitraum von sieben Jahren trug er das Trikot der Werkself aus Krefeld, für die er bis zur Spielzeit 1979/80 insgesamt 241 Pflichtspiele in der Regionalliga, der 2. Bundeliga, der Bundesliga und im DFB-Pokal absolvierte, ehe er im Sommer 1980 zum 1. FC Kaiserslautern wechselte.
Unter Trainer Karl-Heinz Feldkamp gab Friedhelm Funkel am 4. Spieltag beim Heimspiel gegen den TSV 1860 München sein Debüt im Lauterer Trikot. Es sollte ein Einstand nach Maß werden, denn Friedhelm Funkel erlegte die Münchner Löwen quasi im Alleingang! Mit 3:2 bezwang der FCK die Gäste aus München, die drei Lautrer Tore markierte allesamt Friedhelm Funkel. Bis zum Ende der Saison stand Friedhelm Funkel in jedem Spiel in der Startelf und absolvierte alle Partien über die volle Distanz von 90 Minuten. Am Ende einer tollen Spielzeit stand der FCK auf dem vierten Tabellenplatz. Bereits vor dem 29. Spieltag hätte sich Friedhelm Funkel mit seinen Mannschaftskameraden einen nationalen Titel sichern können. Der FCK hatte im DFB-Pokalwettbewerb bereits zum vierten Mal das Finale erreicht. Die Roten Teufel mussten sich am 2. Mai 1981 im Stuttgarter Neckarstadion dem Gegner Eintracht Frankfurt allerdings mit 1:3 geschlagen geben. Für Friedhelm Funkel war die Finalteilnahme mit dem FCK der größte Erfolg auf nationaler Ebene.
Auf internationaler Bühne sorgten die Roten Teufel in der darauffolgenden Spielzeit für Furore. Im UEFA-Cup erreichte die Truppe von Karl-Heinz Feldkamp in der Saison 1981/82 das Halbfinale. Für Friedhelm Funkel der größte internationale Erfolg mit dem FCK. Der Sprung ins Endspiel blieb dem FCK leider verwehrt. Nach einem 1:1 am heimischen Betzenberg mussten sich die Roten Teufel im Halbfinal-Rückspiel dem späteren UEFA-Cup-Gewinner IFK Göteborg mit 1:2 nach Verlängerung geschlagen geben. Den Sprung ins Halbfinale schaffte der FCK gegen einen der wohl glanzvollsten Vertreter auf der europäischen Vereinsbühne, ausgerechnet gegen Real Madrid! Im Hinspiel im Hexenkessel des Estadio Santiago Bernabéu mussten die Roten Teufel gegen überharte Madrilenen eine herbe Niederlage einstecken. 3:1 siegten die Königlichen und schickten den FCK mit zahlreichen Blessuren zurück in die Pfalz. Auch Friedhelm Funkel hatte einiges abbekommen. Er musste bereits nach 40 Minuten mit einer schmerzhaften Fußverletzung vom Platz getragen und in ein Krankenhaus eingeliefert werde. Erst am Vortag des Rückspiels stieg Friedhelm Funkel wieder ins Training ein, gab aber trotz schmerzhafter Beschwerden grünes Licht.
In der denkwürdigen Partie an jenem 17. März 1982 legte der FCK los wie die Feuerwehr, während die Spanier dort weiterzumachen schienen, wo sie zwei Wochen zuvor aufgehört hatten. Mit einer harten und wenig königlichen Gangart. Nach einer feinen Flanke von Hannes Bongartz zog Friedhelm Funkel in der 7. Minute aus der Drehung aus spitzem Winkel ab und zum Entsetzen der Spanier kullerte das Leder Keeper Augustin durch die Beine ins Tor. Der FCK führte und rannte weiter wie entfesselt an. Nur sieben Minuten später wagte Andy Brehme nach einer Flanke von rechts einen Schussversuch, bei dem der Ball in hohem Bogen an die Latte trudelte. Die Kugel sprang von da Friedhelm Funkel genau vor die Füße, der aus kürzester Distanz den Ball zum 2:0 über die Linie drückte. Gerade mal eine Viertelstunde war gespielt und Friedhelm Funkel hatte für den FCK das Hinspiel-Ergebnis bereits egalisiert. Die Spanier schienen nach und nach die Nerven zu verlieren und verloren noch vor dem Seitenwechsel zwei ihrer Akteure wegen wiederholtem und grobem Foulspiel durch je eine Rote Karte. Im zweiten Durchgang zog der FCK durch Treffer von Hannes Bongartz Norbert Eilenfeldt auf 4:0 davon. Nachdem Ronnie Hellström einen Strafstoß der Spanier pariert hatte, durfte auch ein dritter Spanier vorzeitig zum Duschen gehen. Den Schlusspunkt der Partie setzte Reiner Geye, der in der 73. Minute zum 5:0-Endstand einnetzte.
Friedhelm Funkel blieb dem FCK bis 1983 treu. Während seiner Zeit in Kaiserslautern absolvierte er 89 Pflichtspiele für den FCK und erzielte dabei 33 Tore. In immerhin 66 Spielen lief er für die Roten Teufel in der Bundesliga auf, wo ihm 24 Tore gelangen. Im Sommer 1983 ging Friedhelm Funkel zurück zu Bayer 05 Uerdingen. Mit den Krefeldern gewann er am Ende der Spielzeit 1984/85 zusammen mit seinem Bruder Wolfgang den DFB-Pokal. Die Uerdinger Werkself bezwang im Finale den FC Bayern München mit 2:1. Im Frühjahr 1986 sorgten die Uerdinger mit dem sogenannten Wunder von der Grotenburg für Furore, als sie durch ein denkwürdiges 7:3 gegen Dynamo Dresden das Halbfinale im Europokal der Pokalsieger erreichten. Im Sommer 1990 beendete Friedhelm Funkel bei Bayer 05 Uerdingen seine aktive Karriere als Spieler, in der er sagenhafte 575 Pflichtspiele absolvierte in denen er insgesamt 175 Tore erzielen konnte.
Schon im Laufe seiner letzten Saison als Spieler, begann jedoch seine Laufbahn als Trainer. Als Spieler von Bayer 05 trainierte er in seiner Freizeit seinen ehemaligen Jugendverein VfR Neuss in der damaligen NRW-Landesliga. Zum Ende der Saison 1990/91 übernahm er für die zwei restlichen Saisonspiele den Cheftrainerposten beim Bundesligisten Uerdingen. Mit den Krefeldern stieg er 1991, 1993 und 1996 in die 2. Bundesliga ab, zweimal gelang ihm der sofortige Wiederaufstieg (1992, 1994). Nach dem Abstieg 1996 wechselte er jedoch zum Zweitligisten MSV Duisburg. Es folgten weitere Trainerstationen bei Hansa Rostock, dem 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt, Hertha BSC, Alemannia Aachen, dem TSV 1860 München, Fortuna Düsseldorf und zuletzt erneut beim 1. FC Köln.
Friedhelm Funkel ist der einzige Trainer im deutschen Fußballsport, der insgesamt sechsmal mit einer Zweitligamannschaft in die 1. Bundesliga aufstieg. Er gilt damit als erfolgreichster Zweitligatrainer der Republik. Bereits im Mai 2011 hatte er in seiner Rolle als Spieler und in der als Trainer in der Summe mehr als 1.100 Einsätze in der 1. Bundesliga sowie im Bundesliga-Unterhaus. Er ist damit alleiniger Rekordhalter im deutschen Profifußball. Im Oktober 2019 absolvierte er als Trainer sein 500. Spiel in der 1. Bundesliga. Bei der Wahl zum Fußballtrainer des Jahres im Jahre 2019 belegte Friedhelm Funkel hinter Jürgen Klopp (FC Liverpool) den zweiten Rang und wurde damit bestplatzierter Bundesligatrainer. In der Saison 2018/19 und der Saison 2019/20 war er der jeweils älteste Bundesligatrainer. Am 28. Januar 2020 wurde er zum „Trainer des Jahres 2019 der Stadt Düsseldorf“ gewählt. Einen Tag später folgte die damals vieldiskutierte Demission bei der Fortuna aus Düsseldorf. Nach dem Aus in Düsseldorf unterstrich er daraufhin eine frühere Ankündigung, dass seine Karriere als Trainer damit beendet sei. Doch weit gefehlt. Mitte April 2021 kehrte er bis zum Ende der Bundesligasaison 2020/21 zum 1. FC Köln zurück und schaffte am Ende der Spielzeit durch zwei Siege in der Relegation noch den Klassenerhalt mit den Domstädtern. Danach sollte endgültig Schluss sein. Bis heute zieren unglaubliche 928 Spiele seine bisherige Trainer-Vita!
Während seiner Zeit als Spieler aufgrund seiner Laufstärke ein Dauerrenner, während seiner Trainerkarriere ein viel gefragter Dauerbrenner, der oft auch für knifflige Aufgaben engagiert wurde. Doch auch mit nun 70 Jahren scheint Friedhelm Funkel sich offensichtlich noch immer nicht aufs „Rentnerdasein“ einlassen zu wollen. Es ist erst wenige Tage her, dass er in einem Interview zugegeben hat, dass er doch noch einmal Lust auf einen Trainerjob im Fußball bekommen habe. Nach Einsätzen als Experte am Spielfeldrand habe er „Blut geleckt“ und liebäugele nun tatsächlich noch einmal mit einer Rückkehr auf die Trainerbank. Allerdings schließt der bodenständige Rheinländer und echte Familienmensch, der heute in Krefeld lebt, ein Engagement in weiter Ferne kategorisch aus. Die Nähe und die Bindung zu Familie und Heimat seien ihm wichtig. Zudem ließ er durchblicken, dass er keine Aufgabe annehmen würde, für die längere als ein Jahr zur Verfügung stehen müsste. Man darf gespannt sein, ob und wo der erfahrene Fußballfachmann vom Niederrhein noch einmal am Spielfeldrand auftaucht.
Seinen 70. Geburtstag feiert Friedhelm Funkel übrigens weit weg von der Heimat. Zusammen mit Ehefrau Anja hat er sich auf die kanarischen Inseln zurückgezogen. Das Museumsteam und die ganze FCK-Familie gratulieren ganz herzlich zum runden Jubiläum und wünschen für die Zukunft alles Gute und vor allem viel Gesundheit.
mg